CARMEN / LE SACRE DU PRINTEMPS
Zwei Choreografien von Antoine Jully
Der Mythos von Carmen, einer starken und unkonventionell lebenden Frau, faszinierte schon vor seiner Verschriftlichung durch Prosper Mérimée 1845. Im selben Jahr wie die Novelle erschien auch eine erste Ballettversion von Marius Petipa in Madrid, mit dem Titel »Carmen et son Toréro«. Georges Bizets heute so beliebte Oper fiel bei ihrer Premiere 1875 zunächst durch. Doch seine Komposition wurde bald Grundlage verschiedener Ballettproduktionen. Die 1967 in Moskau präsentierte »Carmen-Suite«, die Rodion Schtschedrin seiner Frau und Primaballerina Maja Plissezkaja auf den Leib schrieb, präsentiert die Erzählung von Leidenschaft und rasender Eifersucht, der sich Antoine Jully in seinem neuen Ballett widmet.
Die Wucht, mit der Igor Strawinskys neuartige Rhythmen und Melodien bei der Uraufführung von »Le Sacre du Printemps« am 29. Mai 1913 in Paris auf das Publikum trafen, löste einen der größten Skandale in der Theatergeschichte des 20. Jahrhunderts aus. Mehr als 110 Jahre später fasziniert Strawinskys klanggewaltiges Werk immer noch und zahlreiche Choreograf:innen haben ihre Version des »Frühlingsopfers« in unterschiedlichsten Lesarten kreiert. Antoine Jullys Interpretation aus dem Jahr 2019 erzählt, ausgehend von den Rollenfiguren des Originals, eine Geschichte über heutige Themen, die uns ganz akut betreffen, wie den Umgang mit Natur sowie Rivalität und Machtgebaren zwischen Menschen.