Lügen Lernen
Eine Lügengeschichte von Marc Becker
Meistens geht es doch darum, einen möglichst guten Eindruck zu machen und sich Vorteile zu verschaffen: Egal ob aus Höflichkeit, Angst oder anderen Gründen, jeder Mensch lügt mehrmals täglich, im Durchschnitt mindestens siebzehneinhalb Mal, heißt es in einer vom Autor dieses Stückes erfundenen wissenschaftlichen Quelle. Aber wann ist Lügen schmerzhaft und hinterhältig und wann vielleicht sogar richtig wichtig und legitim, weil man die Mitmenschen nicht verletzen, verärgern oder beleidigen möchte? Mal ganz davon abgesehen, dass die Wahrheit vielleicht die größte Lüge überhaupt ist. Wenn wirklich alle Menschen lügen sollten, so dürfte es dennoch eine Tatsache sein, dass niemand beim Lügen erwischt werden möchte und ebenso dürfte es schwer sein, jemanden zu finden, der es bewusst genießt, von anderen belogen zu werden.
Kinder beginnen etwa im Alter von vier bis fünf Jahren mit dem Schwindeln. Schlagartig ist es dann vorbei mit dem schönen Sprichwort: »Kindermund tut Wahrheit kund«. Aber das Lügen muss gelernt werden und gehört in gewisser Weise zur Entwicklung einer eigenständigen Persönlichkeit dazu. Übung macht den Lügner. Und sind nicht alle Geschichten letztlich Lügengeschichten?