COMPAGNIE ILLICITE - Frankreich
Die baskische Compagnie ILLICITE ist ein junges Tanzensemble und wurde 2015 von dem Portugiesen Fábio Lopez gegründet. Beheimatet in der französische Grenzstadt zu Spanien Bayonne ist die Compagnie eng verbunden mit dem Malandain Ballet Biarritz, das 2015 bei den Internationalen Tanztagen begeisterte. In kurzer Zeit hat sich die Compagnie ein eigenes Renommée erarbeitet. ILLICITE will die Geschichte des Tanzes deutlich machen und hat in ihrem Repertoire Werke von David Dawson, Hans van Manen, Jean-Christophe Maillot und Thierry Malandain. Mit vier Choreografien präsentiert sich ILLICITE im Kleinen Haus des Oldenburgischen Staatstheaters und zeigt, was den Modernen Tanz ausmacht.
ADAGIO HAMMERKLAVIER
Ihrer Programmatik treu zeigt ILLICITE eine Choreografie des niederländischen Altmeister Hans van Manen ADAGIO HAMMERKLAVIER aus dem Jahr 1973. Christoph Eschenbach spielte dieses Adagio langsamer als die meisten anderen Pianisten und genau das ist das Thema von van Manens Choreografie: Wie langsam kann etwas sein, ohne zu erstarren oder die Spannung zu verlieren. Man meint, es geschehe in diesem Ballett fast nichts außer Musik. Jeder Schritt zeichnet die anfänglichen Noten nach, minutiös, präzise – und damit ist dieses Stück bereits eine Einführung in das, was van Manens Tanzkunst auszeichnet: ihre ungeheure Musikalität. Bei ihm ist kein Schritt, keine Bewegung überflüssig. Jede Bewegung ist hochgradig bedeutsam. Und noch eines zeigt dieses erste Stück: van Manen ist ein Meister der Variation. Die drei Tanzpaare dieses Werkes scheinen auf den ersten Blick dasselbe zu tanzen, und doch hat jedes Paar eine ganz eigene Ausdrucksstärke.
Hans van Manen, geboren 1932, ist ein vielfach ausgezeichneter und geschätzter Choreograf und kreierte bereits über 120 Werke, alle gekennzeichnet durch seinen unverwechselbaren Stil, der sich durch klare Strukturen und präzise Schlichtheit auszeichnet. Seine Arbeiten wurden und werden von den berühmtesten Ensembles der Welt getanzt, unter anderem dem Nederlands Dans Theater, wo er von 1988 – 2003 als „Resident Choreographer“ beschäftigt war, dem Dutch National Ballet, Introdans, dem Ballett am Rhein, dem Stuttgarter Ballett, dem Bayrischen Staatsballett München, dem Houston Ballet, dem Alvin Ailey American Dance Theater, dem English Royal Ballet, der Compañia Nacional de Danza und dem Wiener Staatsballett.
DEEP SONG
DEEP SONG, eine Choreografie der Mutter des Modernen Tanzes Martha Graham, thematisiert das Leid spanischer Frauen im Bürgerkrieg, indem psychische Prozesse sichtbar gemacht werden. Das Solo, uraufgeführt 1937 im Guild Theatre in New York zur Musik des US-Amerikaners Henry Cowell (1897-1965), ist ein Angstschrei, eine Verkörperung von Martha Grahams Befürchtungen vor einer Welt, die von der Unmenschlichkeit des Menschen gegenüber dem Menschen zerrissen wird. „Die Tragödie Spaniens wird in der Choreografie zu einer universellen Geschichte. Es ist nicht allein das Land, das wir in dieser klaren Bewegung sehen, es ist die Erkenntnis, dass die Tragödie Spaniens auch die unsere ist.“
„Ich möchte nicht verstanden, sondern gefühlt werden", brachte die Ikone des zeitgenössischen Tanzes Martha Graham (1894 - 1991) ihren künstlerischen Anspruch auf den Punkt. Sie ist eine der führenden Künstlergrößen des 20. Jahrhunderts und wird in einem Zug mit Genies wie Pablo Picasso, Igor Strawinsky oder James Joyce genannt. Zahlreiche Weltstars wie Rudolf Nurejew, Margot Fonteyn und Michail Baryschnikow, die bei der ruhmreichen Compagnie gastierten, bedachte Martha Graham mit eigens für diese Tänzerpersönlichkeiten geschaffenen Choreografien. Des Weiteren arbeitete sie mit Musikern und Schauspielern zusammen darunter Bette Davis, Kirk Douglas, Madonna, Liza Minelli, Gregory Peck, Tony Randall, Eli Wallach, Anne Jackson und Joanne Woodward. Sie brachte ihnen bei, ihren Körper als ausdrucksstarkes Instrument zu nutzen. „Bewegungen lügen nicht“, war Martha Graham überzeugt, „und sie offenbaren jedem, der sie zu lesen versteht, den Zustand der Seele.“ So erscheint das Werk dieser "Tänzerin des Jahrhunderts" (TIME Magazine) von zeitloser Gültigkeit, weil sich die außergewöhnliche körperliche Intensität ihrer Choreografien aus der seltenen Kraft des Wahrhaftigen speist, wenn Geschichten von Liebe, Verlangen und Erfüllung in Perfektion, Technik und Körperbeherrschung der Tänzer verwandelt werden.
FAUNO
Das Duett FAUNO (2001) des portugiesischen Meisters Vasco Wellenkamp zitiert Vaslav Nijinskis Ballett und Skandalerfolg „L´après-midi d´un faune“, einen Wendepunkt in der Tanzgeschichte. 1912 choreografierte und tanzte Nijinski auf Einladung von Diaghilew sein Prélude zu „L'après midi d'un faune“ und löste damit einen Skandal in der Tanzwelt aus. Die Arbeit wurde Vorläufer der Moderne und ein tänzerischer Vertreter des Impressionismus. Im Jahr 1990 choreografierte Vasco Wellenkamp dieses Werk für das Ballett Gulbenkian sowie 2001 für die Companhia Portuguesa de Bailado Contemporâneo. Der Portugiese ließ sich von der Mischung aus Mensch und Tier als mythische Figur inspirieren. In dem erotischen Traum des dämonischen Tieres versucht er, sinnliche Gier, Menschlichkeit und Schönheit zu verbinden.
Vasco Wellenkamp, Gründer der berühmten Compagnie „Companhia Portuguesa de Bailado Contemporâneo“ ist ein mehrfach ausgezeichneter Choreograf und arbeitet außerhalb von Portugal in Brasilien (Teatro Municipal in São Paulo, Niterói Ballet, Cisne Negro, Balé Teatro Guaíra), Argentinien (Ballet Contemporáneo del Teatro San Martín), England (Extemporary Dance Theatre, Dance Theatre Commune, Focus On), in der Schweiz (Grand Théâtre de Gèneve), Italien (Balletto di Toscana) sowie am Nationaltheater Zagreb.
CRYING AFTER MIDNIGHT
Mit CRYING AFTER MIDNIGHT des Künstlerischen Leiters Fábio Lopez endet der Abend. Von den ersten Klaviertönen an werden wir in eine andere Welt versetzt, in einen Raum der Schwerelosigkeit, inspiriert von Claude Monets Bild „ Der Seerosenteich“, sagt der Choreograf über seine 2020 entstandene Kreation.
Fábio Lopez, geb. 1986 in Lissabon, ist einer der ganz großen Hoffnungen des französischen neo-klassischen Tanzes. Er verfeinerte seine Ausbildung an der Schule Rudra Béjart Lausanne und tanzte am Malandain Ballet Biarritz. Während seiner Karriere arbeitete er mit Künstler:innen wie Victor Ullate, Maina Gielgud, Rui Horta, Thierry Malandain und Maurice Béjart zusammen. Im Juli 2021 wurde er von der französischen Regierung mit dem Chevalier des Arts et des Lettres ausgezeichnet.



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